Siegfried von Vegesack beschreibt in seinen Geschichten das Leben im Bayerischen Wald Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Geschichten sind sehr unterhaltsam.
Aus dem Inhaltsverzeichnis:
Abuamanziagl, Alois Köck, Altweibersommer, Das Gespenst, Das gute Wasser, Das Licht der Lüfte, Den Wolf auslassen, Der Bayerische Wald, Der Heilige von Bischofsmais, Der heimliche Shimmytänzer, Der Mai im Hause, Der Pfingstritt von Kötzting, Der tolle Hund, Der verborgene Frühling, Dichter und Hochstapler, Ein Bombengeschäft, Heidelbeerenernte, Heumahd, Katzentragödie, Maienandacht, Skifahrt im Monde, Tod im Walde, Verteidigung des Einglases, Wie Hund und Katze, Schöpfungsgeschichte, Die Unsichtbaren, Ein kleiner Irrtum, Der Katzenhimmel, Der Sonntagswächter, Bayerische Postkutsche, Der Eilbote, Der Pastoratshase, Maischma, Die hysterische Kuh, Die aufgeknöpfte Weste, Geburt im Stall, Kükentod, Adam und Eva, Der Untröstliche, Der Finanzochse.
Leseprobe:
Schöpfungsgeschichte
Das kleine Lesebuch, aus dem die sechsjährige Tochter ihrem Vater jeden Morgen ein Stückchen vorliest, enthält im Anhang allerlei gute und nützliche Sprüche. Um den Unterricht etwas zu beleben, nimmt der Vater, der als Lehrer ziemlich hilflos ist, hier und da einen kleinen Spruch vor, erklärt ihn und lässt ihn von der Tochter auswendig lernen.
Als ersten Spruch wählte er, da ihm dieser für den Anfang besonders passend erschien, folgenden Satz: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.
(1. Mos. 1,1)“ Der Vater erklärt, so gut er es kann, der kleinen Tochter wie das zuging: wie alles zuerst ein unförmiger Brei gewesen sei, aus dem der liebe Gott nach und nach Himmel und Erde, Wasser, Bäume, Tier und endlich den Menschen geschaffen habe.
Isabel hörte aufmerksam zu, erkundigt sich sachlich nach den Blumen und Gräser, die der Vater natürlich vergessen hat, verlangt Einzelheiten zu erfahren, z.B. warum die Vögel fliegen, und die Regenwürmer nur kriechen können, eben selbst die Welt erschaffen, - und siehe da, es war alles sehr gut. Am nächsten Tag soll Isabel ihren ersten Spruch von der Schöpfung hersagen. Und sie sagt: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde und ein Moos.“ „Ein Moos?“ „Ein Moos!“ und strahlend, mit überlegener Gebärde zeigt Isabel auf die Stelle im Lesebuch: 1. Mos. 1,1. „Papa, das Moos hast du vergessen!“ Der Vater versucht vergeblich seine erschütterte Autorität zu retten, er beruft sich feierlich auf Moses und alle Propheten, - aber Isabel bleibt dabei:
„Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde und ein Moos.“
Die Geschichten wurden in folgenden Medien erstmals veröffentlicht: „Das Kritzelbuch“, Bremen 1939; Kleines Handgepäck, München 1956, „100 Zeilen Feuilleton-Korrespondenz“ der Vossischen Zeitung.
Siegfried von Vegesack
1888 auf Blumbergshof in Livland geboren, hat in der Zeit von 1918 – 1974 im Dichterturm auf Burg Weißenstein ca. 70 literarische Kunstwerke im Burgkasten geschrieben: Romane, Gedichte, Erzählungen, Lyrik und Essays, Schauspiele und Übersetzungen aus dem Schwedischen und dem Russischen. Der ehemalige kurfürstliche Getreidekasten der Burg Weißenstein bei der Stadt Regen im Bayerischen Wald war ihm und seiner Gattin Clara Nordström zur Heimat geworden. Am 26. Januar 1974 ist Siegfried von Vegesack in Weißenstein verstorben.
ISBN 978-3-86512-031-1